- vzbv begrüßt grundsätzlich die Initiative der EU-Kommission für eine Anpassung des Verbrauchervertragsrechts
- Daten werden endlich als digitale Währung anerkannt
- vzbv fordert Spielräume für EU-Staaten zugunsten verbraucherfreundlicher Regelungen
Die Europäische Kommission hat im Dezember 2015 zwei Richtlinienentwürfe zum Verbrauchervertragsrecht vorgelegt, nämlich zum Online-Handel und zu Verträgen über digitale Inhalte. Besonders der Richtlinienvorschlag über digitale Inhalte betritt rechtliches Neuland. Zum ersten Mal soll auf europäischer Ebene geregelt werden, inwieweit Nutzer von digitalen Inhalten Gewährleistungsrechte haben, wenn der digitale Inhalt nicht dem entspricht, was vertraglich vereinbart war. Der Richtlinienentwurf erfasst eine große Vielzahl unterschiedlicher digitaler Inhalte, von der Softwarenutzung über Streaming- und Cloud-Dienste bis hin zu Social Media.
Die Beratungen im Europäischen Parlament zu den Richtlinien gehen jetzt in die entscheidende Phase. Über etwaige Änderungsanträge soll Ende März beraten und gegen Mitte des Jahres abgestimmt werden.
Entwürfe gehen grundsätzlich in die richtige Richtung
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt in seinen zwei Stellungnahmen zum europäischen Verbrauchervertragsrecht grundsätzlich, dass mehr Rechtssicherheit für die immer weiter voranschreitende Digitalisierung des Verbraucheralltags geschaffen werden soll. Insbesondere begrüßt es der vzbv, dass Verträge, bei denen der Verbraucher statt mit Geld mit seinen Daten „bezahlt“, dem Gewährleistungsrecht unterfallen sollen. Damit wird erstmals anerkannt, dass Daten neben ihrer grundrechtlichen Bedeutung auch einen wirtschaftlichen Wert haben und dass der Verbraucher auch in dieser Hinsicht schützenswert ist. Für den Handel mit beweglichen Gütern würde sich die Rechtslage für die Verbraucher in Deutschland insofern verbessern, als die Verbraucher während der gesamten Gewährleistungsfrist von zwei Jahren nur noch beweisen müssten, dass die Kaufsache mangelhaft ist, nicht aber, dass der Mangel von Anfang an vorlag.
Mindest- statt Vollharmonisierung des Verbraucherrechts
In vielerlei Hinsicht sieht der vzbv aber noch Verbesserungs- und Klärungsbedarf bei den Richtlinienentwürfen. So sollte den Mitgliedsstaaten der Freiraum erhalten bleiben, über das vorgesehene Mindestmaß an Verbraucherschutz hinausgehende, verbraucherfreundliche Regelungen zu erlassen. Eine Mindestharmonisierung statt der von der Kommission intendierten Vollharmonisierung würde den europäischen Staaten die Möglichkeit geben, flexibel und zeitgerecht auf neue, angesichts der Geschwindigkeit der Digitalisierung unvorhersehbare Probleme zu reagieren.
Das Verbrauchervertragsrecht den Erwartungen der Verbraucher angleichen
Auch das digitale Gewährleistungsrecht sollte die berechtigten Erwartungen der Verbraucher wiederspiegeln und ihnen den nötigen Schutz zukommen lassen. Es kann nicht sein, dass Anbieter in ihren AGBs die Gebrauchstauglichkeit eines digitalen Vertragsgegenstands sehr eng definieren und sich damit von Gewährleistungsansprüchen freizeichnen können. Dort, wo aufgrund der Besonderheiten digitaler Güter spezielle Probleme typisch sind, sollte konkret definiert werden, welchen Anforderungen der Vertragsgegenstand entsprechen muss, damit ein hohes Schutzniveau für die Verbraucher gesichert wird. Hier sollten Anbieter verpflichtet werden, funktions- oder sicherheitsrelevante Updates für ihre Produkte kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten, sollten Smart Devices sowie das Internet der Dinge von den Regeln über digitale Inhalte erfasst werden. Bei Geschäftsmodellen des „Bezahlens mit Daten“ ist darauf zu achten, dass das Grundrecht der Verbraucher auf Schutz ihrer Daten unter allen Umständen gewahrt bleibt.
Gewährleistungsrecht muss dem Grundsatz der Nachhaltigkeit folgen
Zu den berechtigten Erwartungen der Verbraucher gehört auch, dass bestimmte Produkte länger als zwei Jahre problemfrei nutzbar sind. Waschmaschinen, Autos und Heizanlagen sind teure Produkte, von denen Langlebigkeit erwartet werden darf. Das Gewährleistungsrecht sollte den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit folgen und die Gewährleistungsfrist der zu erwartenden Lebensdauer anpassen.